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Moment, denke ich beim Recherchieren und Planen – es gibt einen Glems Stausee? Ja, den gibt es, nur hat er letztlich nichts mit dem kleinen Flüsschen Glems zu tun, das bei Oberriexingen in die Enz fließt. Andere Geschichte. Die hier und heute findet im Biosphärengebiet schwäbische Alb statt.
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ToggleDer Glems Stausee: Liebe auf den ersten Blick
In das Navi gebe ich die Adresse Unterer Hof 3 in Metzingen-Glems ein, während sich meine Eltern anschnallen. Dad sitzt jetzt hinten, früher war er der Macher (Bestimmer), jetzt bin ich es. Die Nachbarn winken uns zu und wünschen viel Spaß. Wie sich zeigt, werden wir den haben. Es ist eine dieser Liebesgeschichten, denen die Natur ihren Stempel aufdrückt. Die Anfahrt von Gerlingen aus beträgt knapp eine Stunde – Autobahnen habe ich bei der Routenwahl in Richtung Glems Stausee ausgeschlossenen.
Von der Metzinger Straße geht es ab auf die Landstraße L380a, und genau ab diesem Moment weiß ich, dass eine Affäre beginnen wird. Die schmale Landstraße führt ein wenig weg von der Zivilisation, wenn das möglich ist. Rechter Hand zeigt die schwäbische Alb mit ein paar steilen Felsen, dass sie auch knorrig kann. Hut ab. Der Glems Stausee liegt auf der linken Seite, zeigt sich aber noch nicht. Schüchtern? Eher nicht. Vom Parkplatz aus unterstreicht der See, was er mit dem schillernd grünen Wasser drauf hat.
Eine Sache der Nachhaltigkeit
Kurz einen Blick in den Kalender geworfen wird mir klar, dass der Glems Stausee so alt oder jung ist wie ich. In der Zeit von 1962 bis 1964 erfolgt die Aushebung – mein Geburtsjahr liegt genau dazwischen. Bis heute ist die EnBW dafür verantwortlich. Im Prinzip ist die Sache einfach: Es gibt ein Oberbecken, in das Wasser hochgepumpt wird, wenn die Stromnachfrage gering ist. Steigt sie, schießt Wasser zurück in das Unterbecken – also den Glems Stausee – den ich dir hier gerade schmackhaft machen will. So etwas nennt man Pumpspeicherwerk (unbezahlte Werbung).
Die paar Jahrzehnte hochgerechnet, ist es nicht weiter erstaunlich, dass es rund um den Glems Stausee grünt und blüht. Natürlich wirft sich die Frage auf, ob man nicht einzelne Bereiche freigeben könnte, um aus ihm einen Badesee zu machen. Das Problem: ein Teil der Menschheit, Müll und das Thema mit der Eigenverantwortung. Das passt oftmals nicht wirklich zusammen. Ein anderer Grund: am Krafthaus kann es während des Betriebs zu einer gefährlichen Sogwirkung kommen, was das Baden im Glems Stausee gefährlich machen würde.
Ein chilliger Spaziergang mit 360 Grad Panorama
Vom Stausee-Parkplatz aus geht es zunächst sanft bergab an Obstwiesen vorbei, bis wir den auf 26 Meter Höhe aufgeschütteten Damm erreichen. Oberhalb einer Infotafel, auf der die Obstwiese als reich gedeckter Tisch gepriesen wird, thront ein filigran herausgearbeiteter Holzadler mit gespreizten Flügeln, als wäre es sein Revier. Der fast schon stahlblaue Himmel setzt einen markanten Kontrast.
Ein Biker downhillt am Damm hinunter zum durch den Glems Stausee fließenden Tiefenbach, der unten am Waldrand kaum erkennbar ist. Ich unterhalte mich kurz mit einem fotografierenden Touristen, der gerade ein paar Wiesenblumen ins Visier nimmt und sich über die fehlenden Insekten wundert. Die gibt es schon genug, nur nicht so richtig fotogen.
Ich arbeite mich fotografisch an Blütenmotiven ab, während meine Eltern ihre Rollatoren etwas weiter vorn im Schatten kurzzeitig als Sitzgelegenheit nutzen. Leider werden wir im Anschluss nur noch ein Stück durch den Wald gehen können, da es zu holprig und steil wird. Jedenfalls versichern mir das entgegenkommende Spaziergänger, die ich frage.
Nachgeholt am 13.06.20: Vom Glems Stausee zum Oberbecken
Irgendwie ist es mir eine Herzensangelegenheit, vom Seehotel aus bergaufwärts zum Oberbecken zu wandern. Ich nehme die etwas kürzere Strecke mit knapp 3 km Länge. Kürzer heißt aber auch steiler, dazu gleich mehr. Jedenfalls beginnt das Mäandern nach dem Überqueren der L380a genau dort, wo sie in die Eninger Straße übergeht.
Alles beginnt mit sanfthügeligen Obstwiesen – kein Wunder – hier ist ein Obstbauer ansässig (Stausee-Obst Gönninger). Und gleich zu Beginn schiebt sich eine Infotafel ins Sichtfeld: Ich befinde mich auf dem Birnenerlebnisweg Glems, wird mir erklärt. Hast du schon einmal etwas von der Madesbirne gehört? Ich bisher nicht. Von der Martinsbirne dagegen ja, der schwäbische Dialekt macht es einem nicht immer leicht. Der Ursprung der Birnensorte liegt wohl in Frankreich.
Der Blick von oben: wer zurückschaut, sieht nach vorn
Mir ist es ein Vergnügen, eine Landschaft leicht aufwärts laufend zu entdecken. Zahllose Feldgrillen scheinen sich einen Spaß daraus zu machen, mir ein Zirpkonzert entgegen zu schleudern auf meinem Weg vom Glems Stausee zum Oberbecken. Die müssen selbst um die 100 Dezibel wegstecken.
Nach ein paar Abzweigungen kommt der Waldrand näher. Hier wird es steiler, allerdings zeigt sich der Glems Stausee von einer anderen Seite. Und er gefällt. Mein erster Eindruck bestätigt sich heute, dass der See smaragdgrün schimmert. Warum auch immer. Am Eninger Weide Aussichtspunkt ist eine kleine Pause angesagt.
Im Anschluss geht es daran, mich in den Waldpfad einzufädeln. Das Spiel kommt mir bekannt vor: sportliche Herausforderung, der Weg ist das Ziel… aber letztlich ist es so. Meine Kniescheiben und alles andere auch registrieren jeden Höhenmeter, den ich hinter mir lasse. Die einzigen Körperteile, die sich offensichtlich abgekoppelt haben: Augen, Ohren und meine Nase. Ein Trio, das intakt zu sein scheint.
Der Glems Stausee ist längst hinter einer Mauer aus Blättern, Bäumen und Tannennadeln verschwunden. Vor mir schimmert der blaue Himmel zwischen den Baumwipfeln hindurch und sagt mir, dass ich es bald geschafft habe. Der Pfad mündet in einen breiteren Waldweg, der forstlich genutzt wird, was gut an den Reifenspuren erkennbar ist.
Auf eine Apfelschorle: das habe ich mir verdient
„Don’t drink and drive“ lautet das Motto, zumindest, was Alkohol anbetrifft. Es fällt hier oben leicht, sich zu orientieren. Die Wege sind mehrfach ausgeschildert. Ich vertraue den Schildern auf meinem Weg vom Glems Stausee Richtung Oberbecken am Wanderheim Eninger Weide. Zurecht, wie sich zeigen wird.
Die Corona-Schilder und der Hinweis, beim Betreten eine Schutzmaske zu tragen: So what? Die Apfelschorle wird mir auf Bestellung sofort am Selbstbedienungstresen ausgehändigt und schon bin ich wieder draußen. Und zwar in einem Biergarten am Waldrand, der genauso ist, wie ich es liebe. Mach dir selbst ein Bild, wenn du Lust und Zeit hast. Ohne Maske.
Chillen ist angesagt in dem Bewusstsein, dass das zum Glems Stausee gehörende Oberbecken direkt am Ausgang liegt. Beim genauen Hinschauen fällt eigentlich nur die Umzäunung auf. Sie wirkt im Landschaftsbild wie ein Fremdkörper, zeichnet aber die Konturen des Beckens nach. Aus der Vogelperspektive muss es wie ein übergroßer Rund-Swimmingpool aussehen.
Nicht verlaufen, aber ein Ziel aus den Augen verloren
Unachtsamkeit ist eine Sache, die vermag, eine gewisse Unzufriedenheit zu hinterlassen – zumindest eine der marginalen Art. Jedenfalls war der Plan, bei meinem zweiten Ausflug zum Glems Stausee dem Wolfsfelsen einen Besuch abzustatten. In die falsche Richtung laufend, habe ich den geknickt und meine Aufmerksamkeit weiterhin der Natur gewidmet.
- Fotos
- ÖffnungszeitenGanzjährig besuchbar abhängig von den Witterungsbedingungen
- Parken
Ich habe dir vorhin schon die Anfahrt beschrieben. Jetzt geht es um das Parken. Eigentlich kein Problem. Du parkst am Glems Stausee Hotel oder fährst ein paar Meter weiter direkt den Wanderparkplatz an. Alternativ besteht die Möglichkeit, von Reutlingen aus mit der Buslinie 100 bis zur Haltestelle Stausee zu fahren.
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