Urlaubslektüre Italien, Bordighera: John von Düffel – Hotel Angst

[vc_row][vc_column][vc_column_text letter_spacing=““]Es gibt viele Gründe, ein Buch zu schreiben. Wie im Nachspann zu lesen ist, holte sich John von Düffel die Inspiration zu seiner Novelle Hotel Angst aus einem Zeitungsartikel von 1986, erschienen in der FAZ und verbunden mit einem persönlichen Motiv wie der Autor in einem Interview erklärt: Mit seiner Familie reiste er öfters in die Nähe des Hotels an der italienischen Riviera in Bordighera. Damit bin ich auch schon mitten drin in der Geschichte.

John von Düffel Hotel Angst - Novelle
John von Düffel Hotel Angst – Novelle

Der Protagonist macht sich nach dem Tod des Vaters auf die Spurensuche mit dem Ziel, mehr über ihn zu erfahren. Über dessen Träume, die untrennbar mit dem Hotel Angst verbunden sind, dem Grand Hotel, das der Schweizer Adolf Angst auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert in Bordighera erbauen lies als einen Ort, an dem der englische Adel seinen schleichenden Untergang auf eine luxuriöse Art zelebrierte. Eine sich selbst verklärende Epoche, je weiter sie sich zeitlich entfernt, strahlt sie bis heute eine magisch geheimnisvolle Anziehungskraft aus. Weshalb gerade Bordighera auserkoren wurde, liegt an dem im Jahr 1858 in London veröffentlichten Roman „Il Dottor Antonio“ des Schriftstellers Giovanni Ruffini.

Der Traum des Vaters, das prunkvolle, aber mehr und mehr verfallende Hotel zu neuem Leben zu erwecken, im Mittelpunkt der Erinnerungen. Vielleicht mit Hilfe des erfolgreichen Schulfreundes Klaus Fechner, der sein Glück in Frankreich gemacht hat. Das Vorhaben wird nicht gelingen, so viel kann ich vorab verraten ohne zu viel zu verraten. Es scheitert, weil Träume keinen Perfektionismus vertragen, weil Träume sich jeglicher Form von Realismus verweigern, zumal wenn diese kompromisslos verfolgt werden. Der Protagonist jedoch setzt Stück für Stück ein Puzzle zusammen, entdeckt neue Seiten an seinem verstorbenen Vater, muss erkennen und anerkennen, dass dieser nicht der Träumer war, sondern der träumende Perfektionist, der nichts unversucht ließ, das Hotel Angst wieder zu neuem Leben zu erwecken, aber, wie bereits erwähnt, an seiner eigenen Kompromisslosigkeit scheitert. Vielleicht sogar scheitern wollte, weil der Erfolg den Notausgang aus der Realität für immer verriegelt hätte.

John von Düffel hat eine Novelle geschrieben, in der er sich sehr persönlich mit dem Vater-Sohn-Konflikt auseinandersetzt, der seinen Höhepunkt – nicht immer – aber doch sehr oft im Moment des Verlustes erreicht. Dieser ist gleichbedeutend mit dem Tod, den er prägnant mit all den Verlustgefühlen beschreibt, die auftreten, wenn ein Ereignis irreparabel ist:

Das letzte Mal, dass du ihn nicht nur lebend sahst, sondern auch spürtest, war zwei Tage vor seinem klinischen Tod, als eine Schwester kam, die ihn umbettete, und du ihr zur Hand gingst.´während sie die Laken wechselte und glattstrich, hieltest du seinen Oberkörper. Er war so schmächtig, so zerbrechlich – ein kleiner Junge mit alter Haut. Du hattest dich an seine geschlossenen Augen und sein leeres Gesicht dermaßen gewöhnt, dass du einen Schreck bekamst, als er auf einmal zu dir aufschaute.

So, denke ich, wiederholt sich die Geschichte zigfach, versehen mit immer anderen, subjektiven Sichtweisen und Verknüpfungen. Im Detail wie auch in einer Gesamtheit, die für uns als einzelnen Menschen kaum überschaubar ist.

John von Düffel hat seine Sicht auf knapp 107 Seiten aufgezeichnet. Mir persönlich wird sie in guter Erinnerung bleiben und vielleicht in der einen oder anderen Situation helfen, die auf uns alle zukommen wird. Früher oder später. Und vielleicht – John von Düffel kokettiert sehr offen mit dieser Intension – könne seine Novelle mit dazu beitragen, das Hotel Angst vor dem Ausverkauf der Erinnerungen zu bewahren. Warum nicht?

[/vc_column_text][vc_single_image image=“2563″ img_size=“full“ add_caption=“yes“ onclick=“link_image“ full_width=“yes“][vc_column_text letter_spacing=““]Im Gegensatz zum ebenfalls berühmten Grandhotel Chantarella hat das Hotel Angst die obskure Investitionswut überlebt. Was dort im Engadin steht, wo bis vor wenigen Jahren noch das Chantarella in St. Moritz stand, treibt mir die Tränen in die Augen, weil die wirklich schönen Dinge mit der Zeit verschwinden.

Bildnachweis:
Von Salinger – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27960920
Von Salinger – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27960919[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

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Über den Autor

Andreas Schneider: Mitbegründer der Local Players. Er betrachtet das Portal als Medizin gegen das stets präsente Reisefieber. Seit mehr als 30 Jahren schreibt und werbetextet er für namhafte Unternehmen, kleine Einzelhändler und Startups. Bei Bedarf gerne auch für Sie. Mehr Infos gibt es auf seiner Homepage screentext.de