Intro: Es gibt Orte wie die Villa Moser, die sich auf den ersten Blick alles andere als spektakulär anfühlen. Und genau das macht ihren Charme aus. Jedenfalls aus einem subjektiven Blickwinkel betrachtet, denn viel ist nicht mehr zu sehen von den einstmals prächtigen Gemäuern. Erfahre nachfolgend, warum sich dein Besuch trotzdem lohnt. Zudem erkläre ich dir, wie du hinkommst und was es sonst noch in der Nähe zu sehen gibt.
Die Villa Moser: ein Phantom in Stuttgart
Sie ist tatsächlich ein architektonisches Phantom. Zudem liegt die Location eingepfercht zwischen stark frequentierten Straßen, die über den Pragsattel von und zur baden-württembergischen Landeshauptstadt führen. Eigentlich ein No-Go, aber der Reiz der Vergänglichkeit fasziniert – zum einen. Zum anderen ist es verlockend, der eigenen Fantasie freien Lauf zu lassen.
Im Umfeld der Villa Moser fließen Gedanken gerne weit zurück in die Vergangenheit und überspringen das Jahr 1944. Das Jahr, in dem ein Bombenhagel ihr Schicksal endgültig besiegelt hat. Die übrig gebliebenen Fragmente, Säulen und Mauerreste fügen sich unsichtbar zu einem architektonischen Gesamtkunstwerk zusammen. Die Natur ist die Künstlerin. Sie verleiht dem Bild Jahr für Jahr mit feinen Pinselstrichen frische Akzente.
Bei Besuchen während der wärmeren Jahreszeit sitze ich gerne auf einer der Stufen oder auf dem ehemaligen Brunnenrand. Dabei versuche ich, das Lebensgefühl der Menschen nachzufühlen. Hier wurden Geschäfte gemacht. Vermutlich standen rauschende Bälle ebenso an wie romantische Nachmittage in der englisch anmutenden Gartenlandschaft. Alles weit entfernt vom hektischen Verkehrslärm der Gegenwart.
Wer eigentlich war Eduard Otto Moser?
1818 in Stuttgart geboren, erlernte Eduard Otto Moser in jungen Jahren das Konditorhandwerk und begab sich auf Wanderschaft – vom schönen Heidelberg aus ging es weiter in die Schweiz nach Bern und Basel. Von 1836 bis 1846 verweilte er in der Stadt der Liebe – in Paris – und machte sich dort einen Namen. Coole Sache, da ihm weder Auto, Zug oder gar ein Flugzeug zur Verfügung stand. Reisen war noch reisen.
Zurück in Stuttgart, gründete er als Pionier eine der ersten Fabriken für Schokoladenwaren und Bonbons und versüßte mit seinen Produkten zunächst das Leben der Schwaben. 1875 erwarb er das Grundstück am Pragsattel, mit der Villa Moser als Vision im Gepäck. Groß und schön sollte sie sein, um seinen Status als erfolgreicher Industrieller im wahrsten Sinne des Wortes zu untermauern. Gang und gäbe in jener Epoche.
Mit der Villa Berg lag die Messlatte zudem sehr hoch. Im Stil entsprach sie Vorbildern der Hochrenaissance, umgeben von dem weitläufigen Park, der heute – in abgespeckter Form – als Leibfriedscher Garten gelistet wird. Namensgeber war und ist der Privatier Karl Ernst Leibfried, der die Villa Moser im Jahr 1904 übernahm.
Die Villa Moser in Stuttgart im Grünen U
Stuttgarter kennen das Grüne U. Kommt Ihr von auswärts, lest weiter: Es handelt sich um den Zusammenschluss von insgesamt 6 wunderbaren Parkanlagen. Im Westen der Stadt gehören der Höhenpark Killesberg dazu, der Wartberg sowie der Leibfriedsche Garten und der Rosensteinpark.
Direkt am Neckar geht dieser nahtlos über in den Schlossgarten, der sich bis zum Hauptbahnhof zieht. Stuttgart 21 lässt grüßen. Seit Ihr gut zu Fuß, schafft Ihr alle 6 Parks in 3 bis 4 Stunden – ohne Pause. Mit Pause etwa im Schlossbiergarten dauert der Ausflug mit jedem Bier länger.
Eduard Otto Moser, Aldi und das Theaterhaus
Es gibt viele Wege, im Gedächtnis zu bleiben: zum Beispiel in den Regalen von Aldi. Im Bereich Süßigkeiten findet Ihr bei dem Discounter Schokolade der Marke Moser-Roth. Die Wurzeln reichen bis in das Jahr 1896 zurück, als es in Stuttgart zu einem Zusammenschluss der beiden Firmen kam.
Und zu guter Letzt: Nur einen Katzensprung entfernt, liegt das bekannte Theaterhaus auf der gegenüberliegenden Seite des Pragsattels. Vielleicht eine prima Gelegenheit, Konzert und Kabarett mit einem kleinen Spaziergang zu kombinieren.
Die Villa Moser: Wenn der Frühling kommt
wenn der Frühling kommt, verschwindet die Villa Moser jeden Tag ein Stückchen mehr hinter Blattwerk, Gräsern und Blumen. Das hat seinen eigenen Reiz, abgesehen davon, dass Ihr Euch nicht mehr den Hintern abfriert.
Klar, das bei dem Besuch ein paar Bilder fällig waren, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. Einerseits seht Ihr das Portal der ehemaligen Kunststation im Leibfriedschen Garten, andererseits weitere Impressionen, die zeigen, was ich mit dem Verschwinden meine. Das mystische Ambiente weicht zur Seite und lässt der Natur den Vortritt.
Hier die 7 Gründe für den Besuch
An dieser Stelle möchte ich mein Versprechen einlösen, und euch 7 gute Gründe liefern, die einen Besuch der Villa Moser lohnenswert machen. Und zwar exakt in der Reihenfolge, wenn Ihr vom Pragsattel aus startet. Dieser wird von zahlreichen U- und S-Bahnen angefahren. Und los geht es:
- Sobald ihr die Pragstraße auf der Fußgängerbrücke am Ende der Haltestelle stadteinwärts überquert habt, gelangt ihr in den Leibfriedschen Garten. Dort erhebt sich gut sichtbar die Bastion Leibfried. Sie ist ein Überbleibsel der IGA 93 und bietet euch einen tollen Blick in den Stuttgarter Kessel.
- Nachdem ihr dann die Reste der Villa Moser besichtigt habt, geht es weiter Richtung Rosensteinpark. Dabei handelt es sich um ein weitläufiges Areal, verteilt auf 64 Hektar. Die Landschaft entspricht englischen Vorbildern und ist in jeder Jahreszeit einen Spaziergang wert.
- Auf dem Areal befindet sich auch das Rosensteinmuseum mit einer Dauerausstellung aus dem Bereich der Naturkunde und wechselnden Themenausstellungen. Den Spaziergang könnt ihr beliebig ausdehnen.
- Macht einen Spaziergang von der Villa Moser über den Rosensteinpark und den vor über 600 Jahren angelegten Schlossgarten. Aktuell wird das Vergnügen durch die Großbaustelle Stuttgart 21 getrübt, aber es lohnt sich dennoch.
- Wenn ihr noch fit seid und genügend Zeit habt, dann fahrt mit der S- oder U-Bahn zurück Richtung Pragsattel und steigt an der Haltestelle Löwentorbrücke aus und überquert erneut die Pragstraße auf dem Bombaysteg. Ihr gelangt direkt in die Kunst-Gartenlandschaft am Wartberg.
- Laufe am reizvoll angelegten Egelsee bergauf und lande – voilà – direkt am weit über Stuttgart hinaus bekannten Höhenpark auf dem Killesberg.
- Wenn ihr dort seid, nehmt auch den Killesbergturm mit. Das Treppensteigen wird mit einem fantastischen Weitblick belohnt. Dazu gibt es auch einen Video, den ich 2017 gedreht habe.
Wissenswertes zur Villa Moser
Adresse
Löwentorstrasse 70
70191 Stuttgart
Karte
Anfahrt und Parken
In unmittelbarer Nähe zur Ruine wirst du praktisch keinen Parkplatz finden. Wenn du Glück hast, steht einer in der Löwentorstraße zur Verfügung. Allerdings sind die meisten zurecht den Anwohnern vorbehalten.
Anfahrt mit den Öffentlichen
Empfehlenswert ist die Anfahrt mit der U-Bahn. Wahlweise bis zum Pragsattel. Zur Villa Moser gelangst du über den Samarasteg, der über die B27 führt. Eine weitere Alternative ist die Haltestelle Löwentor direkt am Eingang zum Rosensteinpark. Du musst lediglich die Pragstraße überqueren und bist praktisch am Ziel. Fahrplanauskünfte erhältst du über den VVS.
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Hier folgen in Kürze Infos (Stand Februar 2024)
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